Die Chronik des Hauses

 

1270 erstmals beurkundet. – Vom Gründer des Kurortes und seinem Schicksal.

 

Von August Sieghardt

 

Es gibt viele romantisch und landschaftlich herrlich gelegene Orte in der Hersbrucker Alb; einer der schönsten gelegenen ist zweifellos Rupprechtstegen im Oberen Pegnitztal, von dem wir wissen, dass es als Ausflugsziel, als Sommerfrische und Luftkurort seit Jahrzehnten eine bevorzugte Rolle in unserer Heimat spielt. Und das mit Recht; denn die landschaftliche Lage Rupprechtstegens ist ungewöhnlich anziehend und eindrucksvoll, sie beeindruckt auch den Reisenden, der im Eisenbahnzug das Obere Pegnitztal passiert, und den Kraftfahrer, der die zwar schmale, aber gute Straße zwischen Hohenstadt und Neuhaus a.P. befährt. Der Anblick Rupprechtstegens war im Grunde genommen noch überraschender in der Zeit, da noch das alte Kurhotel mit seinem Aussichtsturm auf der Felsenkuppe über dem Ankatal stand, und zwar deshalb, weil es in seiner damaligen Form vielfach für ein Schloß gehalten wurde. Ein Schloss hat in Rupprechtstegen aber niemals gestanden, der Ort hat auch keine Kirche, und dieser Umstand mag die Ursache sein, dass wir über die Vergangenheit dieses Ortes so wenig wissen. Heute wollen wir uns mit ihr aber einmal beschäftigen, wobei wir uns in der Hauptsache auf die Ereignisse des vorigen Jahrhunderts beschränken müssen.

Die erste urkundliche Erwähnung Rupprechtstegens ist aus dem Jahre 1270 nachgewiesen. Damals erhielt das Benediktinerkloster Michelfeld auf Grund eines Vergleiches mit dem Ritter Heinrich von Lichtenstein die Mühle in Rupprechtstegen. Also ist es vermerkt in den „Monumente boica“ Band XXV, S. 114, wieder gegeben von dem Pegnitzer Chronisten, Senatspräsident a.D. Heinrich Bauer, in seiner „Geschichte der Stadt Pegnitz“ (1909). Die Mühle zu Rupprechtstegen war der Gegenstad eines langwierigen Streites. Die damalige Schreibweis des Ortes, bzw. der Mühle ist nicht überliefert; die Möglichkeit liegt nahe, dass der Ortsname auf einen gewissen Rupprecht zurückzuführen ist, der vielleicht einen Steg über die Pegnitz errichtet hat und so der kleinen Siedlung den Namen gab. Jahrhundertelang war Rupprechtstegen ja nur ein Weiler, bestehend aus der Mühle und ein paar Bauernhäusern; zu einem Dorf hat es sich eigentlich erst im vorigen Jahrhundert entwickelt. Im Jahre 1326 erscheint Rupprechtstegen unter der seltsamen Bezeichnung „Ruegsteigen“ (Bauer). Vor Jahrzehnten hat ein Bauer beim Pflügen auf der sogenannten Ruherten bei Rupprechtstegen den ältesten Fundplatz der Bronzezeit in der Hersbrucker Gegend entdeckt.

Bemerkenswertes gibt es von Rupprechtstegen erst aus der zweiten Hälfte der vorigen Jahrhunderts zu berichten. Um das Jahr 1860 lebte in Nürnberg ein gewisser Ludwig Jegel, seines Zeichens Herausgeber und Redakteur der „Nürnberger Presse“. Dieser war eifriger Besucher des Oberen Pegnitztales, ein begeisterter Naturfreund, und das kleine unscheinbare Rupprechtstegen hatte es ihm besonders angetan. Oft saß er auf der Felsenkuppe am Eingang zum Ankatal, die herrliche Lage des Ortes bewundernd. Dabei kam er auf den Gedanken, aus Rupprechtstegen einen Luftkurort für die erholungssuchenden und naturliebenden Nürnberger zu machen. Dies wollte er vor allem durch Errichtung eines Kurhotels erreichen, und zwar sollte dieses auf der Felsenkuppe über dem Ankataleingang erstehen. Der Mann spekulierte keineswegs auf rein materielle Erfolge, sondern kam zu diesem kühnen Entschluss aus Liebe zur Sache.

Kühn war der Entschluß schon deshalb, weil zu jener Zeit noch keine Bahn durch das Pegnitztal lief. Jegel ließ sich aber nicht von seiner Idee abbringen, im Jahre 1862 begann er vielmehr mit dem Bau des projektierten Hauses. Neben finanziellen Schwierigkeiten hatte er auch technische Hindernisse zu überwinden; das gesamte Baumaterial musste aus dem 18 km entfernten Hersbruck herbeigeschafft und auf die Höhe der Felsenkuppe gebracht werden. Jegel stellte zur Verwirklichung seines Projektes fast sein ganzes in Amerika erworbenes ansehnliches Vermögen zur Verfügung. Nicht nur den Rohbau, sondern auch für die Inneneinrichtung gab Jegel horrende Summen aus; denn die Fremdenzimmer und Gastlokale wurden mit einem für die damalige Zeit ungewohnten Komfort ausgestattet. Aus Wien ließ Jegel kostbare, mit Seide überzogene Sitzmöbel, wertvolle echte Perserteppiche, vergoldete Spiegel und prunkhafte Kronleuchter kommen. Silberne Tafelaufsätze und Leuchter, in Hirschgeweihe gefasst, standen auf den Tischen und das Porzellan- und Kristallgeschirr wurde von den ersten Fabriken geliefert. Die Wände des Speisesaals schmückten Originale berühmter Meister, in den Fremdenzimmern standen Betten mit Daunendecken bereit und nebenan befand sich – worüber die Besucher maßlos erstaunt waren – eine Waschanlage mit fliesendem Wasser, wie man sie in der ganzen Hersbrucker Gegend kein zweites Mal antraf.

Die Erwartungen Jegels hinsichtlich des Besuches des Kurhotel haben sich aber leider nicht erfüllt. Obwohl er die Preise so niedrig als möglich hielt und den Gästen jegliche Annehmlich- und Bequemlichkeit bot, ließ der Besuch zu wünschen übrig, vor allem deshalb, weil den Nürnbergern und Bayreuthern die Reisen nach Rupprechtstegen - zu weit war. Es gab auch Gäste, die sich in den luxuriösen Zimmern nicht wohl fühlten, anderen wieder schien der Aufenthalt zu teuer. So kam es, dass das Unternehmen sich nicht rentierte und Jegel immer neue Geldopfer bringen musste. Als er im Jahre 1864 in große finanzielle Bedrängnis geriet, veranlasste er sein noch in Amerika weilende Gattin, mit dem Rest seines dort angelegten Vermögens nach Rupprechtstegen zu kommen. Frau Jegel erfüllte ihm diesem Wunsch, traf aber in Rupprechtstegen nicht ein, weil ihr Schiff mit Mann und Maus unterging, wobei auch sie den Tod in den Wellen fand. In diesen versanken auch die Dollars, die Jegel als Vermögensrest zur Sanierung des Kurhotels sehnlichst erwartete.

Nun war die Widerstandskraft des unglücklichen Mannes gebrochen. Es war ihm unmöglich, seinen finanziellen Verpflichtungen noch nachzukommen. Das Kurhotel Rupprechtstegen geriet in Konkurs. Jegel teilte dies seinen Gläubigern und der vornehmen Welt in Nürnberg, die ihn im Stich gelassen hatte, durch eine aufsehenerregende Veröffentlichung in der Presse selbst mit, und zwar in Form eines sarkastischen von Galgenhumor, Selbstverspottung und Verbitterung getragenen Gedichtes. Es lautete:

 

Rupprechtstegen, die schöne Leiche –

Es ward erobert im fremden Reiche,

Es ward verloren im Heimatland,

Durch meinen eigenen Unverstand.

Der treulich wähnte, doch unvermessen,

Daß dumme Säue Perlen fressen.

Ich konnte die Gegend nicht schöner schaffen,

die leider zu schon ist für Protzen und Affen.

Ich baute für Götter und Fashionables,

leider ein wenig zu sehr in den Nebel.

Ich schanzte mit Spaten und Reklamen,

wie sie nie schöner zur Presse kamen.

Ich kaufte ein Hauptbuch, beginnend mit „Mit Gott“ –

was half das allen? Ich war doch bankrott!

 

Nürnberg, 1. Februar 1865, am Tage der zweitmaligen Reise nach Nordamerika.

 

Das war also das vorläufige Ende des „Kurhotels Rupprechtstegen“, das mit seinem Aussichtsturm und der Galerie wie ein Schloss von der Felsenhöhe ins Pegnitztal herunterschaute und dessen Turmgemach mit einer kunstvollen Renaissancevertäfelung des dem benachbarten Schlosses Velden versehen war. Jegel fuhr tatsächlich am genannten Tag nach Amerika, zurückgekommen ist er nicht mehr. Die Gläubiger machten die herrliche Einrichtung des Hauses so gut wie möglich zu Geld, wobei viel Wertvolles verschleudert wurde. In der folgenden Zeit ging das Kurhotel von einer Hand in die andere, ein Nürnberger namens Häberlein, ein Wiener Möbelhändler Karl Krauß und der der Nürnberger Cafétier Haslinger waren die nächsten Besitzer. Keiner blieb lange, auch nicht der Subdirektor einer Lebensversicherungsanstalt in Bamberg namens Rudolf Schmitt, der das Hotel im Jahre 1874, als eben der Bahnbau im Gang war, erworben hatte. Dieser hatte in das Anwesen bare 40.000 Goldmark hineingesteckt und das Haus mit herrlichen Anlagen und Gütern umgeben. Während seiner Zeit von 1874 – 1880, kam das Kurhotel Rupprechtstegen zu großer Berühmtheit durch den Besuch hochgestellter und bedeutender Persönlichkeiten, unter diesen war auch die Prinzessin Gisela von Bayern, Gattin des Prinzen Leopold, eine Tochter des Kaisers Franz Joseph I. von Österreich. Ihr zu Ehren hatte man neben dem Hotel eine Bade-anstalt, das „Giselbad“ eröffnet.

Nach dem abermaligen Verkauf des Hauses zogen Pächter ein, die aber binnen Jahresfrist ihr Geld zusetzten und enttäuscht wieder abzogen. In den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts befanden sich unter den Gästen, die im Kurhotel wohnten, auch Künstler von den Bayreuther Festspielen, ja die handschriftliche Hauschronik berichtet sogar, das Richard Wagner mit Cosima und den Kindern wiederholt im Kurhotel weilten, ebenso die Dirigenten der Bayreuther Festspiele, die Generalmusikdirektoren Felix Wottl, Richard Strauß und Engelbert Humperdinck. Damals hat das Kurhotel Rupprechtstegen seine Glanzzeit erlebt. Es kamen auch viele reiche Engländer und Amerikaner nach Rupprechtstegen, um hier nach Forellen zu fischen. Der bekannte Sportfischer G. Skues blieb hier wochenlang und gab über die Forellenfischerei in Rupprechtstegen sogar zwei Bücher heraus. Eine mündliche Überlieferung, die in der Hauschronik ebenfalls vermerkt ist, deren Richtigkeit aber nicht nachgeprüft werden kann, will wissen, dass der spätere König Eduard VII. als Prinz von Wales ebenfalls im Kurhotel gewohnt und sich dem Forellenfang hingegeben hat. Er soll damals auch einen Ausflug nach Plech gemacht haben. Ende des vorigen Jahrhunderts bestand das Fremdenpublikum im Kurhotel zumeist aus wohlhabenden Nürnberger und Fürther Familien, mit Vorliebe kamen auch die Nürnberger Schauspieler hierher. Eine Nürnberger Bühnenkünstlerin namens Erdösy erkor sich das Hotel zum Lieblingsaufenthalt, ein naher Felsen trägt ihren Namen, denn von ihm hat sie sich aus Liebeskummer zu Tod gestürzt.

Von 1901 – 1938 hat das Rupprechtstegener Kurhotel dann nochmals einen Aufstieg erlebt unter der ausgezeichneten Wirtschaftsführung des Besitzerfamilie Waldrab. Dann wurde das verkaufte Haus zwangsläufig dem Dritten Reich dienstbar gemacht. Während des letzten Krieges diente es als Luftwaffenlazarett, in der Nachkriegszeit als Hilfskrankenhaus. Seit einer Reihe von Jahren befindet sich in dem völlig umgebauten und modernisierten Haus ein Erholungsheim für Beamte der Zollverwaltung, bzw. der Oberfinanzdirektion Nürnberg.

Inzwischen haben die beiden anderen Gaststätten im Dorf das Erbe des Kurhotels angetreten und sich zu neuzeitlichen Fremdenverkehrsbetrieben entwickelt.

Zum Schluß seien noch genannt die im Jahre 1876 gegründeten Stahl´schen Dolomit- und Kalkwerke G.m.b.H., und die im Jahre 1927 ins Leben gerufene Pappenfabrik, die heute noch im Besitz von Hanns  Naderholz ist.

Louis und Sibylla Goebel, deren Eltern das Hotel 1885 ersteigert hatten, führten es während dieser Glanzzeiten. Frau Ina Lindemann aus Kassel, Enkelin der beiden, erzählte bei einem Besuch 1991 noch einiges aus der Zeit ihrer Großeltern. So sind die Kinder ihrer Großeltern hier geboren und aufgewachsen. Sie lernten unter anderem auch Otto Fürst von Bismarck kennen, von dem in der Familie noch heute ein Dankschreiben vorhanden ist. Nach ihren Informationen wurde das Haus 1901 an die Familie Waldrab verkauft, da die weitere Schulbildung der Kinder in Rupprechtstegen nicht mehr gewährleistet war. Auch soll es unter der Führung der Familie Waldrab nicht mehr mit dem früheren Kurhotel zu vergleichen gewesen sein.

Dann wurde das verkaufte Haus zwangsläufig dem Dritten Reich dienstbar gemacht. Während des letzten Krieges diente es als Luftwaffenlazarett, in den Nachkriegsjahren als Hilfskrankenhaus.

Lange Zeit befand sich im ehemaligen Kurhotel, das völlig umgebaut und modernisiert wurde ein Erholungsheim der Bundesfinanzverwaltung, das nun seit 1968 als Zollschule bezeichnet wird, und als Aus- und Fortbildungsstätte für Angehörige des Zolls und der Bundesfinanzverwaltung dient.

Ende der Nutzung der Zollschule 2001

Verkauf an Privat.


Daten über die Zollschule Rupprechtstegen


(1) Geschichtliches über Rupprechtstegen und das Haus
      a) Rupprechtstegen  erstmals 1270 erwähnt, damals kleiner Weiler,
                                       jetzt Dorf mit ca. 200 Einwohnern

     b) das Haus               1863 erbaut als luxuriöses Hotel
                                       1930 von der Luftwaffe erworben und als

                                       Erholungsheim, im Kriege als Lazarett weitergeführt, nach

                                       1945 Hilfskrankenhaus für Hersbruck und Sanatorium

                                       1953 von der Bundeszollverwaltung übernommen, war
                                        Erholungsheim und Schulungsheim und dient jetzt als Zollschule.


(2) Das Haus   ca. 400 m über dem Meeresspiegel liegt auf einer Felsnase hoch über dem
                        Dorf und hat gute Aussicht auf das Pegnitztal.

     Kapazität   50 Gästezimmer, davon 16 mit Balkon, mit 76 Betten und 14 Sofas

                        als Betten für die Kinder

    Gesellschafträume
                        2 Speisesäle mit zus. 80 Plätzen

                        2 Bauernstuben

                        1 Musik- und Leseraum

                        1 Tischtennisraum und Trimmraum mit Fahrrad und Rudergerät

                        2 Farbfernsehgeräte

                        große Terrasse und Freisitze am Haus in dem zum Hause gehörenden Gelände
                        am Berg unter den Bäumen weitere Freisitze; große Parkplätze und (noch)
                        Garagen.

Rupp