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Samstag, 21. Mai 2016


Panzer und Natur

Altstadtfreunde besuchen Truppenübungsplatz Grafenwöhr 


Altstadtfreunde Hersbruck

Die Besuchergruppe vor der Kirchenruine von Hopfenohe - halbrechts in der Uniformjacke Jochen Scharrer

HERSBRUCK/GRAFENWÖHR -- Die Altstadtfreunde Hersbruck haben den Truppenübungsplatz Grafenwöhr besucht. Bei strahlendem Sonnenschein erreichte der Bus Sorghof unweit von Vilseck, wo der Reiseleiter abgeholt wurde. Dieser Ort entstand bei der Vergrößerung  des Truppenübungsplatzes, denn hier fanden viele Umgesiedelten eine neue Heimat.

Forstamtmann Jochen Scherrer, ein gebürtiger Hersbrucker, erläuterte die Geschichte des 1910 nach einem Erlass des Prinzregenten.Luitpold auf 9000 Hektar Fläche eröffneten Übungsplatzes. Neun Ortschaften wurden aufgelöst. 1938 wurde das Areal auf 23 000 Hektar vergrößert, wobei 64 Ortschaften abgelöst wurden und 3500 Menschen ihre Heimat verloren. Die Reichs-Umsiedlungs-Gesellschaft kümmerte sich um sie. Einige fanden auch im Hersbrucker Land eine neue Heimat.

Strenge Kontrollen

Heute sind in Vilseck und Grafenwöhr zusammen mit den Familienangehörigen rund 17 000 US-Soldaten stationiert, die aber teilweise auf Einsätzen im Ausland weilen. Das Übungsgelände und das Wohngebiet werden seit 2001 streng kontrolliert. Es ging vorbei in den Single-Soldier-Barracks, in denen gut gesicherte Einzelzimmer für die Soldaten errichtet wurden, den Fahrzeughallen und an der ersten von 40 Schießbahnen.

Scharrer erläuterte besonders die Aufgaben des Bundesforstbetriebs Grafenwöhr, bei dem sich neun Förster um die Natur kümmern und den Wald bewirtschaften. Es entstand auch eine Streuobstwiese mit alten Baumsorten aus den ehemaligen Bauerngärten, die wegen der Vernetzung von Tieren zu Pflanzen hochwertige Biotope sind. Nicht nur wegen des Spechts ist Totholz wichtig, sondern für über 2000 Lebewesen.

In den Windwurftellern von Lungestürzten Bäumen finden unter anderem Erdbienen einen Unterschlupf. Gerade der Kiefer-Fichten-Bestand, der in dieser Region den Hauptbestand bildet, wird mehr und mehr zu Mischwald umgebaut. Die Waldinnenränder an den Wegen werden zu buschbesetzten Schneisen umgestaltet. Diese sorgen gerade auf der Panzerringstraße für Staubschutz. 60 Prozent der Fläche ist bewaldet; hier werden jährlich 100 000 Festmeter Holz eingeschlagen.

Zahlreiche Weiher entstanden an den Bächen und die Mönche von Kloster Michelfeld konnten einst so die wichtige Fastenspeise, den Karpfen, ernten und verkaufen. Vorbei ging es an einem Handgranatenwurfstand zur Range 211:  hier beim Kühberg üben die Panzer und sie brauchen offenes Gelände, das sich in dieser Jurainsel mit Trockenrasen direkt anbietet.

Aus dem blauen Wasser des alten Hammergrabens steigen Gasblasen auf - es ist eine artesische Quelle. Hier tritt Kohlendioxyd aus, das vom böhmischen Egergebiet hierher kommt. Die Hammerwerke deuten auf die Eisenverhüttung der Oberpfalz hin. Ein alter Spruch erinnert auch an die Platten, die alten Vilskähne, die bis zu 400 Zentner Eisen transportieren konnten und häufig zu einem Schiffszug von vier Platten von Amberg nach Regensburg unterwegs waren: ,,Vilsabwarts Eisen - Vilsaufwarts Salz, das ist der Handel der Oberpfalz“

Freilich gab es viel Streit mit den Hammerherren wegen der Wehre und alleine zur Herstellung von fünf Zentnern Eisen wurden 25 Zentner Aushub und 30 Zentner Holzkohle benötigt. Vorbei ging es am Maffeistollen mit dem Blick auf den Gottvaterberg bei Auerbach und der umstrittenen Schießbahn 213, die drei Kilometer lang war und wegen des Schießlarms stillgelegt werden musste, obwohl ein zwei Kilometer breiter Waldgürtel den Übungsplatz umgibt.

Bleidornturm
Der Bleidornturm von 1926 (hinten) bietet einen guten Überblick, rechts der neue Beobachtgungsturm.

Riesiges Truppenlager

Weiter ging es am Grubensenkungsgebiet um Bernhof, wo vor dem 2. Weltkrieg ein Lager für  12 000 Soldaten und 20 000 Pferde errichtet Worden war. Dann ging es über die Schlammfangbecken und den Steinbruch der US-Kräfte mit Blick auf den Glatzenberg, der  mit 596 Metern die höchste Erhebung des Truppenübungsplatzes darstellt, nach Hopfennohe, der ältesten Siedlung. In den 30er Jahren war die Kirche, die aus der 1000 Jahre alten Schlosskapelle errichtet wurde, erst renoviert worden. Daher steht sie noch so gut erhalten hier. Vom Ort ist allerdings nichts mehr zu entdecken.

Eigentümer des Geländes ist die BRD, die es den US-Streitkräften nur zur militärischen Nutzung überlässt. Der Staat sorgt für die  Erhaltung der Natur und regelt auch die Jagd. Die Wildschweine sind kein Problem, Weil sie sich wegen der fehlenden Nahrungsgrundlage (Mais) weniger stark vermehren. Begehrt ist die Jagd auf die nahezu 2000 Hirsche und Rehe, die sehr effizient ist.

In den Kellern der Ortschaft Haag hausen Fledermäuse, im Weiher Fischottern, ein Gedenkstein erinnert an die Kirche und den Ort mit einstens drei Wirtshäusern. Nur der Friedhof ist noch erhalten. Ein Stück weiter sind die Startrampen der Drohnen und ein Westwallbunker, der wie ein Felsen aussieht. Die anderen wurden zu Übungszwecken beschossen und nach 1947 gesprengt. Vom Bleidornturm hat man einen großartigen Blick auf das Beschussgebiet der Artillerie (impact area) und weiter zum Rauhen Kulm und zum Fichtelgebirge. In einen der Backsteine hat auch Elvis Presley seinen Namen eingekratzt.

Elvis
 
Idol auf Backstein: Hier hat Elvis Presley verewigt. Fotos: privat.
 
Unten ist ein Gedenkhain aus Spitzahorn für gefallene Soldaten und dann geht es nach Grafenwöhr hinein vorbei am Camp Normandie, wo das Wahrzeichen der Stadt, der Wasserturm, umrundet wird. Hier gab es bereits 1913 eine Warmbadeanstalt, in der 1000  Mann in vier Stunden gesäubert wurden. Das war schon nötig, denn während des 1. Weltkrieges  waren neben den übenden Soldaten auch 23 000 französische Kriegsgefangene hier interniert.

Ganz anders die New Town, mit 830 Wohneinheiten in zwölf Haustypen in gut zwei Jahren aus dem Boden gestampft. Daneben Gymnasium, Kirche, Schule, PX - das größte US-Zentrum außerhalb der Vereinigten Staaten. Das bringt natürlich auch Geld in die Region. So sind allein 3000 Zivilbeschäftigte hier tätig.
HELMUT SÜSS

 

 

 

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