Dienstag, 28. Januar 2003

Johanna Wagner aus Ingolstadt schwärmt von der Idylle am Hersbrucker Wassertor

Apothekerin im Schusterhäusl

Vorerst nur fürs Wochenende — Sehr interessiert an sachgerechter Sanierung des Gebäudes von 1690


Begeisterte Altstadtfreunde: Die historisch angemessene Sanierung des kleinen Blickfangs vor dem Hersbrucker Wassertor scheint jetzt gesichert.  
                                   Fotos: Scholz

HERSBRUCK - So schnell kann es gehen: Jahrelang war das „Schusterhäusl" am Wassertor verwaist, wegen des hohen Sanierungsaufwands schien nur noch eine bezuschusste öffentliche Nutzung möglich. Bis zufällig eine Apothekerin aus Ingolstadt daran vorbeikam. 

Gelegentlich gab der Schlot bereits ein zartes Rauchsignal ab, spätestens aber als die Handwerker anrückten und die Front mit einer Plane abdeckten, war klar: In dem über 300 Jahr alten Fachwerkbau rührt sich wieder etwas. Seit November gehört das Häuschen Johanna Wagner, die heimliche Beziehung war sozusagen offiziell gewordenen.

Die Begegnung war Liebe auf den ersten Blick — zwischen der Ingolstädterin, die in Röhrmoos bei München eine Apotheke führt, und dem histori-schen Kleinod: Im vorigen Februar ließ sie sich in der „PsoriSol" - Klinik behandeln und spazierte eines Tages mit ihrer Tochter an dem Häuschen vorbei. „Das ist ein schönes Haus,  da ruf' ich einmal an", sagte sie. Zu diesem Zeitpunkt flirteten viele Interessenten mit dem ursprunglichen Zollgebäude: Doch immer war entweder der Preis zu hoch, die Vorgabe der Denkmalschützer zu schwierig oder der Platz zu gering. 

Johanna Wagner in einem Fenster ihres Häuschens

Die  Hersbrucker Altstadtfreunde, denen seine Bewahrung länger schon am Herzen lag, waren mit ihrem Latein allmählich am Ende. Eine Hoffnung war eine öffentliche  Nutzung, die durch Zuschüsse eine dem Baudenkmal gerechte Sanierung ermöglicht  hätte. Doch die kurzzeitige Idee, darin die Tourist Information unterzubringen war recht schnell wieder vom Tisch. „Völlig ungeeignet“, hieß es.

Johanna Wagner schreckten weder die Vorgeschichte (im Gegenteil) noch die Eigenheiten ab. Als sie „ihr Haus“ kennenlernte, wie sie es ausdrückt, also die vier Zimmerchen, Bad, Küche und Gärtchen besichtigte, zögerte sie nicht mehr lange. „So klein und schnuckelig gibt es nicht viele“, schwärmt sie. Zudem glitzere das Pegnitzwasser hier besonders schon, geradezu idyllisch sei der Ausblick auf den Arzberg am frühen Morgen. Abgesehen davon half ihr die „PsoriSol“ - Behandlung so sehr, dass ich das Hersbruck jetzt auf diese Weise zurückgebe“, sagt sie augenzwinkernd. 

Bis sie aber endgültig einziehen kann, steht ihr noch viel Arbeit ins Häuschen. Schadenskartierung und Sanierungskonzept sind im Entstehen. „Daran wirkt sie sehr engagiert mit“, erzählt Christian Breu begeistert. Der Vorsitzende der Altstadtfreunde lobt die Ingolstädterin vor allem deshalb, weil Eigentümer, die freiwillig nach Auflagen und Kriterien fragen, sehr selten sind.

Früher Zollhaus

Wagner interessiert und fasziniert gleichermaßen auch die Geschichte. Sie fand heraus, dass das Haus 1690 gleichzeitig mit dem Wassertor gebaut worden sein müsste. Die Ähnlichkeit des früheren Hauses am Nürnberger Tor, das sie von einem Bild kennt, weist auf dieselbe Funktion hin, zumal in der späteren Schusterwerkstatt zur Brücke hin ein kleines Kassenfensterchen erhalten geblieben ist. 1934 wurde das Zollrecht aufgehoben und das Häuschen an die Familie Schuster, die auch tatsächlich Schuster waren, verkauft. Seit den 90er Jahren standen die Raume leer.

Das Inventar blieb allerdings erhalten: Lieber heute als morgen würde die neue Eigentümerin die schweren Maschinen und Werkzeuge aus der Werkstatt abgeben - „bei Bedarf ans Hirtenmuseum“. Ein Problem ist der sehr schlechte Zustand der Sandsteingiebel sowie der Fachwerkwände. Sonst will sie in den Räumen nicht Wesentliches verändern. 

Johanna Wagner lässt keinen Zweifel daran, dass sie sich für die liebevolle Pflege ihres Häuschens sehr viel Zeit nehmen will. Vorerst wohnt sie hier aber nur an Wochenenden. Ob sie später mal ihr Reich mit jemanden teilen möchte „wird nicht verraten“. 

MICHAEL SCHOLZ

 

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